"Judo hat sich sehr verändert", meint Österreichs Silberne, die auch klarstellt: "50 Prozent der Medaille gehören Hupo Rohrauer"
Athen - Claudia Heill ist die erste Judo-Medaillengewinnerin bei Sommerspielen für Österreich seit Doppel-Olympiasieger Peter Seisenbacher (1984 und 1988). Den Vergleich scheut sie, als Erbin sieht sich die "Silberne" von Athen nicht. "Judo hat sich sehr verändert. Von den Zeiten des Peter Seisenbacher kann man nicht mehr leben, das hat keinen positiven Effekt mehr. Ich hoffe, meine Medaille hat eine Auswirkung und rückt den Sport in Österreich ins rechte Licht. Es liegt jetzt an den Herren mit dem Bleistift und dem Papier in der Hand", setzt die 22-jährige Wienerin Hoffnungen auf die Verantwortlichen im heimischen Verband.
Ihr bisher größter Erfolg beruht vor allem auf Eigeninitiative und wurde wohl nur durch die enge langjährige Zusammenarbeit mit Hubert Rohrauer, der sie seit ihrer Kindheit kennt, möglich. "Das sind meine ersten Spiele, alles davor war der Weg dorthin. Die EM heuer ist nicht optimal gelaufen, die lag auch auf dem Weg. Ich habe nicht damit hinter dem Berg gehalten, dass ich eine Olympiamedaille will. Ich habe sie mir vorgenommen und jede Nacht davon geträumt."
"Ich bin ein Großmaul und er ein Dickschädel"
Eine Olympiamedaille wollte auch Rohrauer, der 2000 in Sydney als Trainer von Patrick Reiter mit leeren Händen heimreiste. Die Zusammenarbeit mit Heill verläuft oft nicht reibungslos. "Ich bin ein Großmaul und er ein Dickschädel. Da sind Dinge, die sich hochschaukeln, wenn sich zwei Menschen schon so lange kennen und gern haben", erklärt Heill und betont: "50 Prozent der Medaille gehören Hupo."
Was sie erreicht hat, wird ihr langsam klar. "Mit der Medaille habe ich gezeigt, dass ich zu den Besten in Österreich gehöre, ja zu den Besten der Welt, was ich immer noch nicht glauben kann." Wenn sie auf den entscheidenden Tag zurückblickt, wird ihr bewusst, wie eng alles war. "Ich kannte die Stärken meiner ersten Gegnerin, wusste, dass es knapp wird, dass der Kampf auf Messers Schneide stand. Die Nervösität war enorm. Der Körper war eher steif als locker und spritzig. Ich habe zwar gewonnen, aber es war kein Renommee."
Dass sie schon früh von einem Journalisten von der Auslosung und der US-Amerikanerin Ronda Rousey als ihrer ersten Gegnerin erfahren hat, war unerwünscht, aber letztlich "nicht weiter tragisch. Beim Weltcup erfährt man die Gegnerin 24 Stunden, bei Olympia vier Tage vorher. Das wollte ich nicht, ich wollte den Kopf frei haben."
Sie hatte ihn frei für noch zwei weitere Kämpfe und bedankte sich nach dem nächsten Duell mit der Slowenin Urska Zolnir um den Einzug in den Goldkampf beim Glück. Ihr Trainer lobte die Übersicht der Kampfrichter. Der Name der Finalgegnerin ließ Heill auf den totalen Triumph hoffen. "Ich hätte mir kein besseres Finale gewünscht. Hopp oder tropp. Die Japanischen Judoka sind taktisch und technisch sehr versiert, sehr schnell. Ich kenne sie vom Trainingslager in Japan, ich habe zwei Mal gegen sie gekämpft und einmal gewonnen, ein Mal verloren. Das war keine übermächtige Gegnerin."
Das wusste auch Rohrauer, der sofort das Fehlverhalten seines Schützlings bemängelte. Claudia steckt das weg. Und sie werden weiter gemeinsame Wege gehen.
Der Standard (APA)
Wir gratulieren Claudia Heill zu diesem Erfolg!
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